Gerhardt

Gerhardt
Gerhardt,
 
1) [französisch ʒe'raːr], Charles Frédéric, französischer Chemiker, * Straßburg 21. 8. 1816, ✝ ebenda 19. 8. 1856; Professor in Montpellier (1844-48) und Straßburg (ab 1855); gründete 1851 (mit A. Laurent) ein Unterrichtslaboratorium für Chemiker in Paris. 1841/42 schlug Gerhardt eine neue Klassifikation organischer Verbindungen und 1843 eine Reform der Atom- und Molekulargewichte vor. Die von ihm entwickelte »Typentheorie« (1853) stellte einen wichtigen Schritt in der Entstehung der Valenztheorie dar. Sein Hauptwerk ist der »Traité de chimie organique« (1853-56, 4 Bände).
 
 2) Paul, Dichter und Theologe, * Gräfenhainichen 12. 3. 1607, ✝ Lübben/Spreewald 27. 5. 1676; studierte in Wittenberg Theologie, war Hauslehrer, ab 1657 Diakonus an der Nikolaikirche in Berlin. Als bekenntnistreuer Lutheraner Gegner der vom Großen Kurfürsten angestrebten evangelischen Union. Er musste 1666 von seinem Amt zurücktreten und wurde 1669 Archidiakonus in Lübben/Spreewald. Gerhardt schrieb über 130 geistliche Lieder (u. a. »Nun ruhen alle Wälder«, 1648; »Ich steh an deiner Krippen hier«, 1653; »Befiehl du deine Wege«, 1656; »Geh aus, mein Herz und suche Freud«, 1656; »O Haupt voll Blut und Wunden«, 1656, nach dem »Ave caput cruentatum« des Bernhard von Clairvaux), zum Teil nach Psalmen. Sein Schaffen bildet den Höhepunkt der evangelischen Kirchenlieddichtung nach Luther und bewirkte die Entwicklung vom Bekenntnislied zum persönlichen Erbauungslied. Die schlichten Lieder zeugen von empfindsamer Frömmigkeit und starkem Gottvertrauen.
 
Ausgaben: Dichtungen und Schriften, herausgegeben von E. von Cranach-Sichart (1957); Ich bin ein Gast auf Erden. Gedichte, herausgegeben von H. Reinitzer (1986).
 
 
K. Ihlenfeld: Huldigung für P. G. (Neuausg. 1964);
 G. Rödding: P. G. (21984);
 K. Hesselbacher: P. G. (101991);
 C. Bunners: P. G. Weg, Werk, Wirkung (21994).
 
 3) Wolfgang, Politiker, * Ulrichstein-Helpershain 31. 12. 1943; Germanist und Politikwissenschaftler; seit 1965 Mitglied der FDP; in leitender Position zunächst bei der Friedrich-Naumann-Stiftung, dann im hessischen Innenministerium, 1978-82, 1983-87 und 1991-94 Mitglied des Landtags von Hessen, dort 1982-95 Landesvorsitzender der FDP sowie 1987-91 stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Kunst und Wissenschaften; war 1985-95 stellvertretender Bundesvorsitzender sowie 1995-2001 Bundesvorsitzender der FDP, wurde 1994 Mitglied des Bundestags und im Oktober 1998 zum Vorsitzenden der Bundestagsfraktion gewählt.
 

Universal-Lexikon. 2012.

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